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Lifestyle Elektromyostimulation

Mit schmerzhaften Stromstößen zur Topfigur

Mehr Muskelkraft und Ausdauer dank kleiner Stromstöße: Elektromyostimulation soll effektiver sein als ein Training im Fitnessstudio. Stimmt das?

Strom schießt durch meinen Körper. Meine Muskeln ziehen sich schockartig zusammen – in den Armen, den Beinen, im Bauch, im Rücken. Der Druck wird stärker. Er will meinen Körper auseinanderreißen. „Dagegen halten“, ruft mein Trainer. Meine Muskeln brennen.

Das also soll sie sein, die Methode, die Sport überflüssig macht: Elektromyostimulation (kurz EMS, Myo steht für Muskel). EMS hält Einzug in immer mehr deutsche Fitnessstudios. Kein Wunder, schließlich nutzen sogar Profisportler wie beispielsweise Box-Star Vitali Klitschko dieses Ganzkörpertraining mit Reizstrom als Zusatzprogramm. Die zwei Clubs von Speed-Fit in Berlin haben sich auf EMS spezialisiert. Auch andere Anbieter haben den Trend erkannt und bieten Kurse an. Das Versprechen: Nur zweimal in der Woche 15 Minuten trainieren – und schon hat man eine Modelfigur. Kein stundenlanges Quälen mehr im Fitnessstudio. 15 Minuten Speed-Fit ersetzen 20 Stunden Krafttraining. Klingt wie in einem Traum.

Als die Stromstöße meinen Körper malträtieren, komme ich aber schnell ins Zweifeln. Das soll wirklich gesund sein? In der Physiotherapie wird Elektromyostimulation bereits seit Jahren zum Muskelaufbau angewendet. Das Prinzip ist einfach: Der Strom lässt die Muskeln kontrahieren, die dadurch trainiert werden.

Ich komme mir aber irgendwie vor, als wäre ich im falschen Film. Ich trage zwar Sportkleidung, und meine Muskeln werden definitiv gefordert. Sie brennen sogar höllisch. Aber auf der anderen Seite stehe ich einfach nur rum. Ich sehe zwar aus, als hätte ich mich total ausgepowert, und die Klamotten kleben an meinem Körper. Die nassen Flecken sind jedoch an den falschen Körperstellen. Ich fühle mich wie ein „Seitenschwitzer“ – dabei wurde ich lediglich vor dem Training in einer Art Duschraum vom Trainer mit Wasser eingesprüht. So wird der Strom besser durch die Haut zu meinen Muskeln geleitet.

Über den nassen Klamotten trage ich eine Weste, obwohl es sehr warm ist. Aber die Weste hat natürlich ihren Sinn und Zweck: Die Elektroden-Kabel sind an das Kleidungsstück angeschlossen. Jeweils zwei Kabel werden an Armen und Beinen sowie an einen Hüftgurt angeschlossen. Und durch diese Kabel rast nun der Strom in meinen Körper. Der Vorteil liegt darin, dass alle Muskelgruppen gleichzeitig trainiert, die Impulse aber auch individuell geregelt werden können. Nach einer Verletzung könnte ich also nur die geschwächte Muskelgruppe trainieren – als Laufsportlerin speziell meine Oberschenkel.

Die letzten zwei Minuten werden noch einmal richtig brutal. Mittlerweile ist das Training kein statisches Workout mehr, sondern wird durch Arm- und Kniebeugen gesteigert. Mein Trainer fährt jetzt zudem noch die Stärke der Stromschläge hoch, und ich habe das Gefühl, dass meine Muskeln zerreißen. 120 Sekunden können ziemlich lang sein.

Dann ist es vorbei. Endlich. Und es ist merkwürdig: Obwohl meine Muskeln ganze Arbeit geleistet haben, bin ich überhaupt nicht erschöpft. Am nächsten Tag folgte dann aber doch ein ordentlicher Muskelkater.

Für mich ist nach der Trainingseinheit klar: Speed-Fit ist nicht meine Art von Sport. Ich will mich bewegen und hinterher völlig k.o. sein. Normalerweise gehe ich Laufen, spiele Fußball, Tennis oder nehme an Fitnesskursen teil. Für Sportmuffel, die ohne viel Aufwand Resultate erzielen wollen, könnte EMS aber perfekt sein. Ebenso für Leistungssportler als Zusatzprogramm oder für Geschäftsleute in der Mittagspause.

Der Preis von bis zu knapp 20 Euro pro 15-Minuten-Einheit ist allerdings ziemlich hoch. Deshalb bleibe ich lieber bei den guten alten Liegestützen und meiner Jogging-Runde durch die Stadt.

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